Samstag, 25. August 2012

News aus Indien


Hallo ihr Lieben :)

Wie ihr ja schon an den Bildern gesehen habt , wird hier in Indien gerade Onam gefeiert. Es wird jetzt als eine Art Erntedank gesehen, war aber ursprünglich ein Hinduistisches Fest, das auf einer Legende beruht, die hier in Kerala jedes Kind kennt:

Es wird berichtet, dass die Zeit, in der König Mahabali (auch Maveli) regierte, ein goldenes Zeitalter war. Der König wurde als weise, gerecht und extrem großzügig verehrt. Allen im Staat ging es sehr gut, jeder Einwohner wurde gleichberechtig respektiert, unabhängig von Schicht, Kaste oder Einkommen.
Es gab weder Kriminalität, noch Armut, noch Korruption – also wirklich goldene Zeiten.
Die Menschen verehrten ihren König Mahabali wie einen Gott. Deshalb wurden die Götter eifersüchtig und neidisch … und beratschlagten, wie sie selbst wieder in den Genuss von Opfergaben kommen konnten.
Wie gesagt, der König war sehr großzügig und wohltätig. Nie schlug er einem Bittsteller einen Wunsch aus. Diese Tugend wurde von den Göttern ausgenutzt. Der Gott Vishnu erschien als Zwerg Vanama vor dem König und bat um ein Stück Land. Es erstaunte zwar den König, dass er soviel Land wollte, wie er mit 3 Schritten umfassen kann. Er stimmte jedoch zu. Ein weiser Berater machte ihn aufmerksam, dass der Zwerg keine gewöhnliche Person war. Der König wollte jedoch sein gegebenes Wort halten. Darauf dehnt sich der „Zwerg“ so weit aus, dass seine Gestalt kosmische Größe annahm.
Mit dem ersten Schritt bedeckte er die gesamte Erde, mit dem zweiten das ganze Himmelsgewölbe. Darauf fragte er den König, wohin er denn nun den dritten Schritt setzen solle.
Jetzt wurde dem König klar, dass dies kein gewöhnlicher Brahmanen-Junge gewesen war… Und er mit dem dritten Fußtritt die Erde zerstören würde.
Deshalb verbeugte sich der König vor Vanama und bat ihn, den dritten Schritt auf seinen Kopf zu machen, damit er sein Versprechen halten könne. Dies geschah und der König wurde damit nach patala, d.h. in die Unterwelt gedrückt.
Dort erschien ihm Lord Vishnu in seiner wahren Gestalt und erklärte, dass der König getestet werden sollte, ob er ein gegebenes Versprechen halten würde. Dies war zwar geschehen, aber der König mußte in der Unterwelt bleiben.
Ein Wunsch wurde ihm erfüllt: Jedes Jahr einmal wollte er sein Volk besuchen um zu sehen, ob es seinem Volk gut gehe. Lord Vishnu war berührt über diesen Wunsch, segnete ihn und erklärte, dass der König weiterhin von seinem Volk und von ihm geliebt würde. Sein Wunsch, einmal im Jahr auf die Erde zurück zukehren, wurde ihm erfüllt.
Dieser „Besuch“ wird nun jedes Jahr als Onam gefeiert mit viel Enthusiasmus, um dem König zu zeigen, dass es den Menschen gut geht.


Onam geht über 10 Tage und ist das größte und wichtigste Fest in Kerala. Die Jungs haben während dessen Ferien und sind bei ihren Familien zu Hause und die Playschool hat geschlossen (dh. wir haben auch frei, dazu aber später mehr).  Man kann es ungefähr mit Weihnachten in Deutschland vergleichen. Und so wie es bei uns in der Adventszeit in jeder Schule, Firma und jedem Verein Weihnachtsfeiern gibt, wird es hier in Indien mit Onam praktiziert. 

Montag war eine große Veranstaltung im Boys Home, für die die Jungs am Vorabend bis 1 Uhr Nachts Gemüse geschnipselt und beim Kochen geholfen haben (ein echtes Highlight für sie, so lange aufzubleiben). Am nächsten Morgen gab es einen Blumen-Contest, bei dem die Jungs Mandalas aus Blumen gelegt haben. Es war wirklich faszinierend zu sehen, mit welcher Disziplin und Hingabe sich die sonst so wilden Jungs dieser Aufgabe gewidmet haben! Später gab es noch weitere Spiele, wie Sackhüpfen und Apfeltauchen.
Das Essen an Onam ist auch sehr besonders! Es wird traditionell auf Bananenblättern serviert (heutzutage oft auf unechten) und besteht aus Reis und vielen, vielen vegetarischen Soßen – ein Paradies für mich! Außerdem gibt es dazu noch Bananenchips und als Nachspeise Paisa (eine pappsüße Soße), das mit zerkrümelten Papadum (chipsähnliche Fladen) und zermatschten Bananen gegessen wird. Hört sich erstmal ecklig an, schmeckt aber eigentlich echt ganz gut :)

Am Dienstag waren wir im Nachbarkonvent „Our Ladies“ und haben dort gefeiert, am Mittwoch wurde in der Playschool gefeiert und am Freitag waren wir auf einem Fest in einer Mädchenschule eingeladen. Die Tage bestanden vor allem aus Händeschütteln, Essen und Smalltalk mit allen möglichen Menschen. Vor allem seit Theresa und ich (dank unserer lieben Nimi) einen Sari besitzen, sind wir die Attraktion schlechthin und alle wollen ein Foto mit uns machen ;) Das kann aber wirklich sehr anstrengend werden, wie wir vor allem in der Mädchenschule gesehen haben! Wenn 2000 Mädchen bei einer Affenhitze am liebsten alle gleichzeitig deine Hand schütteln, dich nach deinem Namen fragen, dir Happy Onam wünschen  und dich am liebsten über alles ausfragen wollen (die beliebteste Frage war: wie heißt dein Vater/ deine Mutter? :DD), ist man doch leicht überfordert.

Neben diesen zahlreichen Feiern gab es aber noch ein weiteres Highlight in unserem Programm: Father Johny wollte uns mit auf eine Indische Hochzeit nehmen! Da er meinte, wir könnten unsere normalen Klamotten anziehen, hatten wir uns auf eine eher kleine Hochzeit eingestellt, doch weit gefehlt! Nach einigem Nachfragen stellte sich heraus, dass es schon eine „etwas“ größere Hochzeit werden würde mit 1000 Gästen!! Und das war auch kein Wunder, denn die Tochter des wohlhabenden Johnson , ein guter Freund und Sponsor des Boys Home, heiratete einen ebenso reichen Businessman. Keine schlechte Partie sag ich da nur..

Die Hochzeit fand in einer wunderschönen und total modernen Kirche mit 5 Priestern UND Bischhof statt und war eher westlich geprägt (Braut in weißem Kleid). Trotzdem hat uns die nicht so freudigen Mienen des Brautpaars doch zum Nachdenken gebracht, ob es wohl eine Liebesheirat oder doch eine arrangierte Hochzeit war.
Nach der Trauung sind wir noch in ein benachbartes Konvent gegangen, damit Father Johny sich seine Priesterrobe ausziehen konnte und dann das: Johny hatte vergessen, dass er unter der Robe nur Jogginghose und T-Shirt trug und so konnte er doch nicht auf eine Hochzeit gehen! Also rein in die Auto-Rikscha und ab in Richtung Boys Home – 40 min Hin und 40 min zurück :D

Als wir dann endlich wieder angekommen waren, hatten Theresa und ich doch schon langsam ein bisschen Hunger und haben uns auf die pompöse Hochzeitsfeier gefreut. Daher waren wir etwas verwirrt, als wir plötzlich in einem dunklen und kalten Bierkeller standen.. Father Johny hatte bei dem Brautvater angerufen und gesagt, sie könnten schon mal mit dem Essen anfangen (wie freundlich von ihm :DD), wir würden erst noch mit ein paar Freunden ein Bierchen trinken und dann nachkommen. Also wurden wir Johnys besten Freunden vorgestellt, haben ein (gar nicht mal so schlechtes) Bier getrunken und sind dann, mit dem Versprechen uns bald wieder zu sehen, endlich zur Hochzeitsfeier gefahren. Lustig wars auf alle Fälle :)
Die Hochzeitsfeier fand dann in einem riesigen Saal statt, der aus einer Bühne mit Tor aus echten Blumen (für die Fotos mit dem Brauspaar, das im übrigen den ganzen Abend auf der Bühne stehen musste, vielen Stühlen, einer Band und einem megaa großem Buffet (sah mehr aus wie viele Fress-Stände :D) bestand. Wir haben uns dann den Bauch vollgeschlagen.. Es gab sogar Vanilleeis!! :)

Soweit die Berichte der Highlights der letzten 2 Wochen, aber das Alltagsleben geht hier natürlich auch weiter. Mit den Jungs ist die Arbeit nach wie vor nicht so einfach! Ein Paar fangen inzwischen an, ihre Grenzen bei uns auszutesten. Sie ignorieren unsere Anweisungen und lachen uns aus, wenn wir ihnen was klarmachen wollen. Wir haben oft auch nichts weiter zu tun, als rumzusitzen und da kommt man schon ins Grübeln über den Sinn unsrer Arbeit hier. Auch in der Playschool ist es zuwar super schön, aber wir sind halt nicht wirklich eine Hilfe.
Andererseits muss ich mir immer wieder selber bewusst machen, das wir ja erst seit 2 Wochen hier sind – es kommt mir schon so viel länger vor! Ich hoffe einfach, dass wir im Laufe der Zeit mehr Aufgaben übernehmen könnenund wirklich ein Teil der Gemeinschaft hier werden.

Wie schon vorher erwähnt, haben Theresa und ich jetzt erstmal Ferien :)
Ein indischer Pfarrer, der im Moment in Bamberg ist (meine Großeltern wohnen dort), ist für einige Zeit mit einer Gruppe deutscher Jugendlichen in Indien und hat uns eingeladen, für ein paar Tage zu ihnen dazuzustoßen. Ich werde jetzt also vom 28.08. bis zum 03.09. in Ooty sein. Die Stadt liegt ca. 5 Stunden Zugfahrt von Kochi entfernt und liegt auf 2000m Höhe. Alle Inder denen wir bisher davon erzählt haben meinten, in Ooty sei es super schön, aber sehr kalt! Als wir uns heut mal im Internet erkundigt haben kam raus, dass es dort so zwischen 20 und 30 Grad hat.. Seeehr kalt! Das indische Kälteempfinden eben :D Wir sind auf alle Fälle froh, endlich mal wieder kühleres Klima zu erleben! In den letzten Tagen war es hier nämlich super warm und sonnig und man hat es kaum ohne Ventilator ausgehalten :)

Gaanz ganz liebe Grüße aus Indien.. Wir hören uns in 1 1/2 Wochen :)
Lea :*


1 Kommentar:

  1. Hallo Lea. Schön von dir zu hören, bzw. deinen spannenden Schilderungen zu folgen. Das klingt alles super interessant. Nur weiter so.
    Wenn du dies liest, kommst du wahrscheinlich gerade von deinem Kurzurlaub wieder. Was für ein krasser Unterschied zu meinem anstehendem Urlaub von 5 tagen Wanderung. Doch ich gönne es dir von Herzen und bin schon auf deine Erlebnisschilderungen gespannt. Schön, das du so gerne und viel schreibst. Ich sauge deine Berichterstattungen wie einen Roman auf. Danke dafür.
    Nun hab ich doch noch ein paar Fragen.
    Würdest du mir vielleicht mal verraten, wie du die Hostie im allgemeinen und hier im speziellen entgegengenommen hast, sodass dich ein Schüler glaubte, ermahnen zu müssen ??? Hast du dem Priester vielleicht die blanke Zunge entgegengestreckt, was ja in einigen Ländern ja auch üblich ist ? Oder bist du Linkshänderin und hast eben nur die Hände vertauscht ? Gilt die Linke Hand in Indien vielleicht als " Schmutige " Hand, von wegen Toilettengang und soweiter... ?
    Eine weitere Frage liegt mir auf der Zungen, nun gebe ich sie dir über meine Finger weiter. Die Probleme mit dem Englisch-Unterricht, von denen du berichtest.
    In Indien werden doch viele Menschen für den globalen Wirtschaftsmarkt aus- und weitergebildet. In Deutschland werden und wurden doch viele indische Fachkräfte gerade im IT-, sprich Computerbereich angeworben. Dies scheint doch ein erfolgreiches Unterfangen zu sein. Ich habe noch nie gehört, das es bei diesen Menschen Schwierigkeiten mit der englischen Sprache gegeben haben soll. Also warum klappt es dann nicht auch bei den normalen Schulen mit dem Unterricht. Oder tue ich diesem System Unrecht und Jahre später können eure Kids alle perfekt englisch sprechen. Was weißt du darüber. Würde mich ja mal interessieren, was deine Chef´s dazu meinen. Wie stehen sie euren Versuchen gegenüber, den Kids auf eure Weise englisch beizubringen ? Sind sie vielleicht sogar skeptisch und ablehnend demgegenüber ? Ich hoffe doch mal nicht. Mit Sicherheit werden sich die Kids ihr ganzes Leben lang an diese tolle Zeit mit euch und dem effektivsten Englichunterricht aller Zeiten zurückerinnern. ( Von wegen Aramsassa, Aramsassa, Gulli, Gulli ..... hätte ich auch gerne im Englischunterricht gehabt !!!! ) Wer weiß, was dann aus mir geworden wäre ? Vielleicht ein ind. IT- Experte ?
    Ach übrigens kannst du deinen aufmüpfigen Jungs ja mal ein fieses Bild von mir zeigen, auf dem ich grimmig und böse dreinschaue (gibt´s soetwas überhaupt ? Läßt sich sonst bestimmt anfertigen ) und ihnen mit dem bösen Onkel Didi aus Deutschland drohen, der auf Anruf sofort erscheint und ihnen die Leviten (auf engl. levits) ließt, nee, das verstehen sie nicht, besser die Ohren langzieht. Oder zeige ihnen irgendeine alte Öllampe, an der du nur zu reiben brauchst und schon erscheine ich. Ich weiß zwar nicht, ob sie das abschreckt oder eher belustigt, aber du kannst es notfalls ja mal versuchen. Meine Erlaubnis hast du.
    So machs mal gut und kuriere deine im Kurzurlaub eingehandelten Frostbeulen aus. Laß bald mal wieder von dir hören. Ach übrigens scheinst du das Essen vor Ort ja bestens zu vertragen. Für eine Vegetarierin wie dich wahrscheinlich das Paradies ! Ich hätte da sonst noch so ein paar Survivaltips für dich, so in Sachen Flotten Otto , Läusebefall... und dergleichen. Doch wie ich lese, dir geht´s wohl prima, das ist auch gut so ! Weiterhin viel Spaß und tolle Eindrücke, dies wünscht dir dein größter Fan Didi.

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