Dienstag, 4. September 2012

Zurück aus Ooty :)


Vanakkam!!

Das ist Tamil (Ooty liegt nicht in Kerala, sondern im Bundesstaat nebendran – Tamil Nadu) und bedeutet so viel wie Hallo oder Willkommen :)
Wir haben in der Woche mal wieder so vieles erlebt, dass ich gar nicht genau weiß, wo ich anfangen soll.. Ich beginn einfach mal chronologisch.

Ab in den Zug :)
Am 28.08. sind Theresa und ich gegen Mittag von Ernakulam aus mit dem Zug in Richtung Coimbatore gestartet. Wir warn natürlich schon ziemlich gespannt.. Indisches Zugfahren ist ja aus diversen Filmen als sehr chaotisch, laut und überfüllt bekannt!
Die Zugfahrt hat sich dann allerdings als das genaue Gegenteil herausgestellt: Wir waren im Sleeper-Wagen, dh man konnte die Sitze zu Betten umklappen (immer 3 übereinander!) und hatte mega viel Platz. Natürlich hatten Theresa und ich das Glück, in einem völlig leeren Wagon direkt neben einer indischen Familie mit 5 Kindern zu landen :D Wir waren die Attraktion schlechthin und wurden erst Mal ne halbe Stunde lang von ihnen ausgequetscht, angefangen bei „Wie heißt du?“ über „ Wie heißen deine Eltern?“ bis hin zu „Was ist deine Lieblingsblume“ (sie kannten Sonnenblumen!). Danach haben sie uns dann aber auch mal Zeit für uns selbst gelassen und mit Harry Potter im Ohr, Toast, Cola, Bananen und Oreo-Keksen verging die Fahrt wie im Flug!


In Coimbatore angekommen wurden wir von Father Albert, dem unglaublich lieben Jugendpfarrer in Ooty (er hat uns dann während der ganzen Zeit dort begleitet) abgeholt und ins Hotel gefahren. Es war super angenehm, mal wieder mit Menschen zu tun zu haben, deren Denk- und Verhaltensweise man versteht und mit denen man sich normal unterhalten kann.. Sie waren alle größtenteils in unsrem Alter und super nett! Ein Mädl, dass ich schon aus Bamberg kannte, hat mir, völlig überraschend, deutsche Schokolade von meinen Großeltern mitgebracht!!! Danke nochmal, Omi und Opa, ich hab mich riesig gefreut!! :) Und über die Schokolade und die Spagetti von Joseph auch!

Die erste Nacht haben wir also im Hotel geschlafen, die weiteren haben Theresa, eine weitere Freiwillige und Ich in Ooty bei Josephs Familie verbracht (der Rest der Reisegruppe hat auch in Ooty in einem Hotel geschlafen). Das war super cool, da wir so mal das Leben in einer echten indischen Familie kennenlernen konnten. In dem Haus haben Josephs Mama, sein Bruder und dessen Frau und deren beiden Kinder Merlin (ein Mädchen! 10 Jahre alt) und Kevin (14 Jahre alt) gelebt. Sie stammen eher aus reicheren Verhältnissen (Josephs Papa war Arzt, seine Mama Lehrerin), aber sie kümmern sich sehr um ärmere Familien. Der Dorfzusammenhalt ist dort auch extrem stark! Jeder hilft jedem und die Türen stehen immer füreinander offen, das ist wirklich beeindruckend! Morgens gabs immer warmes Essen und – man glaubt es kaum – aber man gewöhnt sich wirklich daran! Und es schmeckt sogar echt gut :)
Außerdem gabs immer super leckeren Tee (schmeckt bissl wie der Chai-Tee in Deutschland, nur noch besser!).

ein bekannter Hindu-Tempel
Das Programm, das Joseph für uns alle zusammengestellt hatte, war super interessant. Wir waren unter anderem in einem wunderschönen Park, einem Hindu-Tempel, einer Teefabrik und einer Nadelfabrik. In letzterer arbeiten Frauen, die keinen Abschluss haben und somit keine andere Arbeit finden. Ihr Arbeitstag geht von halb 9 bis 17 Uhr und sie bekommen dafür 50 Euro im Monat! Mit diesem bisschen Geld müssen sie oft den Unterhalt ihrer Familien finanzieren. Ich habe mich schon ein bisschen schlecht gefühlt mit meinen 100 Euro Taschengeld monatlich..



Zu Gast bei den beiden indischen Mädchen
Wir waren auch in einigen Schulen und haben dort unter anderem Vorträge zum Thema Jugendarbeit und der Situation Jugendlicher in Ooty. Die erschreckenden Unterschiede lassen sich an folgendem Beispiel gut erkennen:
Auf die Frage hin, was wir deutschen Mädls tun würden, wenn unser Freund mit uns Schluss macht, haben wir geantwortet, dass wir schon enttäuscht und traurig sein würden, aber dass das Leben irgendwann weitergehen würde.
Von den indischen Mädchen kam auf die selbe Frage die einheitliche Antwort: Suicide (Selbstmord)!! Und sie haben das ernst gemeint!
Später hatten wir die Gelegenheit uns mit einigen von ihnen zu Unterhalten. Natürlich kam die Sprache auch dort auf das Thema Beziehung und Heirat. Unsre beiden Mädchen haben uns erzählt, dass sie jetzt die Schule fertig machen, danach würden ihre Eltern dann beginnen, einen Mann für sie zu finden. Eine Hochzeit mit dem Mann den man liebt funktioniert nur, wenn die Eltern einverstanden sind. Wenn sie es nicht erlauben, muss man als Frau diesen Mann vergessen.
Die Beiden haben auch gemeint, dass sie ihren Eltern nie erzählen würden, wenn sie sich verliebt würden oder einen Freund hätten, denn sonst würden diese sofort damit beginnen, einen anderen Ehemann für sie zu suchen.. Schon krass! Bei solchen Erzählungen bin ich einmal mehr froh, in Deutschland aufgewachsen zu sein.

Die Vorträge waren oft wirklich interessant und hatten gute Ansätze (zum Beispiel bezüglich der Freiheiten von Mädchen). Was hier aber mal wieder aufgefallen ist, ist die extreme Religiösität der Inder. Die Lösung der ganzen Gesellschaftlichen Probleme waren nämlich meistens, dass die Jugendlichen täglich in die Kirche gehen, den Rosenkranz beten und sich doch katholischen Lehrern anvertrauen sollen.. naja ok!
Wichtig ist auch zu wissen, dass es in Indien zwar eine große Toleranz gegenüber anderen Glaubensrichtungen gibt (an katholischen Schulen werden beispielsweise auch Hindus und Muslime angenommen), aber die Situation, dass ein Mensch gar keinen Glauben hat, ist für sie vollkommen unverständlich und inakzeptabel.

Eine indische Besonderheit habe ich während dieser Reise mal wieder sehr deutlich erfahren und ich denke jeder, der schon Mal in Indien war, weiß was ich meine – die Gastfreundlichkeit!
Es ist wirklich beeindruckend, wie selbst die Ärmsten der Armen ihr bestes Geschirr und die besten Speisen auspacken, nur damit sich der Gast bei ihnen wohl fühlt. Wenn ich das mit Deutschland vergleiche, schäme ich mich jedes Mal ein bisschen. Ich glaube, in  der Hinsicht kann jeder von uns etwas von dieser Kultur lernen..

Die Zeit in Ooty war echt wunderschön, wenn auch extrem kalt! Eigentlich sollte es um diese Jahreszeit so um die 25 Grad haben, stattdessen hatte es meistens so um die 10 bis 15 Grad und es hat in Strömen geschüttet (dafür hats im Juni und Juli hier nicht geregnet, der eigentlichen Monsunzeit). Jedenfalls haben das Wetter und die fehlenden Heizungen dazu geführt, dass die Klamotten und Handtücher nicht getrocknet sind und die Decken auch immer klamm waren. Aber was solls, man gewöhnt sich an alles (auch an das warme Duschen mit Hilfe eines Kübels – immerhin wars WARM! :D).

Indischer Winter..

Trotzdem bin ich irgendwie froh, wieder zurück im Boys Home zu sein.. Es fühlt sich fast ein bisschen wie zu Hause an, so vertraut :)

Ich hoffe es geht euch allen gut in Deutschland!
Passt auf euch auf und bleibt gesund..
Lea :*


die wunderschöne Lage eines Konvents
Simpark

Schlechtes Wetter macht erfinderisch :D


Die liebe Verkäuferin auf dem tibetischen Markt in Ooty

Straßenstand




Straße in Ooty

Gewürze über Gewürze auf dem Markt in Ooty

Es gibt hier AFFEN!!

Hupen ist hier sogar Pflicht :)

1 Kommentar:

  1. Liebe Lea,

    danke für die tollen ausführlichen Berichte. Die Regenbilder sind sehr beeindruckend - bei uns scheint zum Glück die Sonne und wir freuen uns auf einen schönen Tag im Luberon, der Gegend mit den berühmten Ockerfelsen. In einem Ort soll heute auch ein Markt stattfinden - da gibt es bestimmt viele leckere Sachen ...
    Aber die gibt es ja bei dir auch! Vielleicht klappt es heute abend mit dem Skypen - wenn wir nicht wieder zu spät nach Hause kommen.

    Liebe Grüße von Miriam, Hanna, Papi und Mami

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